vorigen mittwoch lud das südwind-magazin zu einer podiumsdiskussion mit dem titel “tiere essen: entwicklungspolitische perspektiven“. ich ging hin. jonathan safran foers buch-boom habe ich ja auf der anderen welthalbkugel versäumt. und auch, wenn ich mir schon dachte, dass da nicht viel (mir) neues kommen würde; anregend würde es auf jeden fall sein. ah ja, schließlich wollte ich noch martin schlatzer in echt sehen, dessen buch “tierproduktion und klimawandel” kürzlich erschienen ist. er ist nämlich auch ernährungswissenschafter und wurde als ernährungsökologe angekündigt, von deren offizieller existenz in österreich ich noch nicht wusste.
der veranstaltungsraum im dritten stock der wiener hauptbücherei war knallvoll. das thema ist offensichtlich geeignet wie kaum ein anderes, die menschen aus ihrer ernährungslethargie zu reißen. das ist gut. dennoch fühlte ich mich zeitweise relativ unwohl.
wer mich kennt, weiß, wie suspekt mir jegliche ausprägung von dogmatismus ist. ich habe noch einmal nachgeschaut, der duden definiert: “starres, unkritisches Festhalten an Anschauungen, Lehrmeinungen o. Ä.” ja, und genau das war’s, was ich in einigen wortmeldungen und reaktionen auf wortmeldungen aus dem publikum herausgehört habe. da war eine mittelalte dame, offensichtlich vegetariern oder veganerin, die behauptete, dass allein vom gebiss des menschen abzulesen sei, dass er seit jeher pflanzenfresser wäre. (wie sich das von seinem allesfressergebiss ablesen lässt und warum der mensch einen verdauungstrakt hat, der kürzer als der von pflanzenfresser-kühen, -pferden, -ziegen und länger als jener von fleischfresser-katzen und -hunden ist, bleib offen.) dann kam eine wortmeldung einer jungen frau, die das grundübel in der “neoliberalen, kapitalistischen wirtschaftsordnung” sah (und einige wirklich [nicht ironisch!] gescheite argumente anhing), was mit tosendem applaus der zustimmung (davon gehe ich aus) quittiert wurde. dasselbe publikum reagierte mit fast ebenso tosendem applaus später auf karl wrenkhs sinngemäßes zitat, er wäre zwar kein vegetarier, begrüße aber die entwicklung sehr, dass es immer mehr vegetarier gäbe, denn er lebe ja schließlich von ihnen.
selbstverständlich, das will ich natürlich nicht weglassen, gab es auch sehr viele (für mich) sehr schlüssige wortmeldungen.
warum jetzt also der ganze palaver? weil ich mich ärgere.
ich respektiere (fast) jede weltanschauung und lebensweise. dass ich fleisch esse, heißt nicht, dass ich die argumente der nicht-fleisch-esserInnen nicht verstehe. ich trage die meisten davon sogar mit. ich esse ja auch nicht jedes fleisch und auch nicht oft!
was ich aber ganz und gar nicht aushalte, ist, vice versa nicht respektiert, ja mitunter sogar angefeindet zu werden. ich mag die lantente feindseligkeit im diskurs nicht. ich mag auch nicht, wie eindimensional und undifferenziert die tiere-essen-debatte oft geführt wird; und argumente, die schlichtweg falsch sind. oder, anders gesagt: starres, unkritisches festhalten an anschauungen.
ich will auf augenhöhe diskutieren, sonst kann ich mein gegenüber nicht ernst nehmen!
und ich bin der meinung, dass es viel zielführender wäre, gemeinsam zu argumentieren, also veganerInnen, vegetarierInnen und bewusst-wenig-und-wenn-dann-ordentlich-produziertes-fleisch-esserInnen, statt einander argwöhnisch bis feindselig gegenüberzutreten. natürlich sind wir nicht flächendeckend einer meinung, aber ich meine doch, dass wir mehr kongruenz haben miteinander als beispielsweise mit konventionellen massentierproduzentInnen.